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Entstehung und Entwicklung

Wer den Ortsnamen Heidenheim liest und an das 752 gegründet Kloster denkt, der könnte geneigt sein, den Namen mit den Heiden in Verbindung zu bringen, die Wunibald getauft und bekehrt habe.
Heidenheim sei nach dieser Vorstellung ein Heim eines der Heiden. Doch dagegen erheben sich starke Bedenken. Der Hahnenkamm und sein Umland verharrte zur Zeit der Ankunft des heiligen Wunibald nicht mehr im dunkelsten Heidentum. Das frühe Christentum, dessen archäologische Spuren sich in der nahen fränkischen Königsmark Westheim-Ostheim schon um 600 nachweisen lassen, war allerdings noch sehr stark von heidnischen Vorstellungen durchwoben. Wunibald hatte sich hier mit so genannten christlichen Priestern, die schon die Weihe empfangen hatten, genau so auseinanderzusetzen wie sein Blutsverwandter, der heilige Bonifatius, in Hessen und Thüringen.

Der Ortsname Heidenheim darf auch mit den Heiden im Sinne von Nichtchristen nicht in Verbindung gebracht werden. Er geht vielmehr auf einen fränkischen Ortsgründer namens Heido zurück. Das o am Namensende findet sich auch in den benachbarten Ortsnamen Sammenheim (Heim eines Sambo), in Meinheim (Heim eines Mago oder Megino), in Altheim (heim eines Alto?), in Dittenheim (Heim eines Dito). Infolge der o-Endung könnte an einen Sippenzusammenhang der Ortsgründer gedacht werden, die hier zur fränkischen Sicherung des Landes um die Gelbe Bürg angesiedelt wurden. Beim Grundwort -heim darf man nicht an ein modernes Heim im Sinne einer behaglich eingerichteten Wohnung denken. Die Grundbedeutung von -heim ist "Einzelhof, Wohnsitz".

Der Name Heidenheim wäre demnach zu erklären: "Einzelhof, Wohnsitz, Heimat eines Heido". So wird auch der Ortsname von Heidenheim an der Brenz in Baden-Württemberg erklärt (Siehe Lutz Reichardt, Ortsnamenbuch des Kreises Heidenheim, Stuttgart 1937 und Dr. Robert Schuh, Ortsnamenbuch des Altlandkreises Gunzenhausen, Nr. 119). Es ist nicht auszuschließen, dass in Heidenheim am Hahnenkamm und Heidenheim an der Brenz ein und derselbe Grundherr und Ortsgründer Heido am Werke war.

Ein bedeutender Träger dieses Namens war auch der Abt Heido im Kloster Reichenau.

Die Geschichte des Klosters Heidenheim

Missionsbasis angelsächsischer Mönche

Die Gründung des Klosters Heidenheim geht auf eine kraftvolle Welle des Aufbruchs im angelsächsischen Mönchtum zurück. Peregrinatio pro Christo – Wanderschaft um Christi Willen hieß das Motto, mit dem ganze Gruppen von Mönchen, aber auch Nonnen, im späten 7. und 8. Jahrhundert den sicheren Hafen ihrer heimischen Konvente verließen. Was zunächst als freiwillige Bußübung gedacht war, mündete schließlich in großangelegter Missionstätigkeit im damals noch überwiegend heidnischen Germanien. Unter der Regie des auch politisch geschickten Bonifatius, dem sog. "Apostel der Deutschen", wurden schließlich auch in Franken und Bayern Kirchenstrukturen nach römischem Vorbild eingepflanzt und Bistümer aufgebaut, 741/742 unter anderem in Eichstätt. Ein Netz neubegründeter Klöster sollte die Mission auf lokaler Ebene absichern.

Kloster Heidenheim war eines dieser fränkischen Urklöster. Die Anfänge des Hauses gehen auf den englischen Prediger, Mönch und Kirchenverwalter Wunibald zurück, der das Kloster im Jahre 752 mit Hilfe seines älteren Bruders Willibald, dem ersten Bischof von Eichstätt, als Missionszentrum gründete. Über sein Wirken als erster Abt ist wenig bekannt. Überliefert ist, dass er sich nicht nur mit den damals noch überwiegend heidnischen Bewohnern des Hahnenkamms herumgeschlagen hat, sondern offenbar auch heftig am Rheuma litt, weshalb er seinen Lebensabend am liebsten im italienischen Kloster Montecassino verbracht hätte. Er starb jedoch 761 in Heidenheim und wurde in der Klosterkirche begraben.

Walburga übernimmt das Zepter

Damit kam seine Schwester Walburga zum Zuge, die aus dem südenglischen Kloster Wimborne stammte. Sie übernahm nicht nur die Leitung des Klosters Heidenheim, sondern wandelte es in ein Doppelhaus um. Diese in England populäre Klosterstruktur stellte auf dem Kontinent eine sensationelle, ja unerhörte Neuerung dar: Mönche und Nonnen lebten gemeinsam unter einem Dach – wenngleich auch räumlich fein säuberlich voneinander getrennt –, und zwar unter dem Kommando einer Frau! Als Vorsteherin dieses bedeutenden Doppelklosters, welches im übrigen das erste und für lange Zeit überhaupt einzige Doppelkloster auf dem Kontinent gewesen ist, hat sich Walburga einen hervorragenden Namen erworben. Fast 30 Jahre lang organisierte sie den Klosterbetrieb und behauptete sich dabei auch gegen Machtansprüche der männlichen Klosterfraktion. Sie kümmerte sich nicht nur um die spirituellen und ganz irdischen Bedürfnisse ihrer gemischten Gemeinschaft, wie Seelsorge, Bildung, Behausung, Kleidung, täglich Brot und Krankenpflege, sondern organisierte darüber hinaus auch den Missionsbetrieb und das religiöse Leben in der Region. Wie ihre "Kolleginnen" in den frühen Doppelklöstern Englands, dürfte auch Walburga aktiv in der Außenwelt ihres Klosters zugange gewesen sein und umfassende Kontakte zu kirchlichen und weltlichen Machtinstanzen unterhalten haben. Diese Möglichkeiten wurden jedoch im Zuge der karolingischen Reform grundlegend beschnitten, als den Nonnen ein hinfort viel strengeres und hinter Klostermauern abgeschirmtes Leben verordnet wurde.

In der Hand von Weltgeistlichen

Dieser neue Trend schlug auch in Heidenheim ein. Etwa zehn Jahre nach ihrem Tod – Walburga starb 788 oder wenig später in Heidenheim, wo sie beigesetzt wurde – löste der Eichstätter Bischof Geroh das Doppelkloster kurzerhand auf, um es sodann in ein Stift für Säkularkanoniker umzuwandeln. Ein Teil des Klosterbesitzes scheint dabei in die Tasche des Bischofs und den Neubau des Eichstätter Doms geflossen zu sein. Über die in Heidenheim ansässigen Weltgeistlichen ist kaum etwas überliefert. Diese häufig aus dem Adel stammenden Herren unterstanden dem Bischof. Sie hatten kein Ordensgelübde abgelegt, waren also auch nicht zur Armut verpflichtet. Theoretisch sollten sie sich um die Seelsorge kümmern.

Begründung des Heiligenkults um Walburga

In diese Zeit der Stiftskanoniker fällt die Hebung und Überführung der Gebeine Walburgas. Die Heilige ruhte ursprünglich vermutlich an der Stelle des heutigen Walburga-Grabmals, wo sie die ersten 90 Jahre nach ihrem Tod offensichtlich keine besondere Beachtung fand. Beim Bau der neuen Stiftskirche ab 870 stieß man nun auf ihr Grab. Die Knochen wurden geborgen und an einem 21. September, irgendwann im Zeitraum zwischen 870 und 876, vom Bischof Otger mit viel Aufheben nach Eichstätt gebracht. Um diesen Reliquienraub zu rechtfertigen, wurde dann recht schnell eine Wundergeschichte in Umlauf gebracht: Sie erzählt davon, wie die Bauarbeiter achtlos mit ihren dreckigen Schuhen auf dem Grab Walburgas herumgetrampelt seien und sich die Heilige für diese Respektlosigkeit unverzüglich mit einem Mauereinsturz gerächt habe. Dieses Zeichen veranlaßte den damaligen Eichstätter Bischof, sie an einen würdigeren Ort zu überführen: Eichstätt, wo die Gebeine bis heute in einer eigenen Gruftkapelle des Benediktinerinnenklosters St. Walburg verehrt werden. Die außerordentlichen Wunderzeichen, die sich bei der Überführung ihrer Reliquien ereigneten, und vor allem die Wunder um das Walburgis-Öl – jener heilsamen Flüssigkeit, die sich beim Grab der hl. Walburga sammelt – haben für eine fast explosionsartige Ausbreitung der Walburga-Kultes in weiten Teilen des Reiches gesorgt.

Neue benediktinische Blüte

Um 1140 geriet Heidenheim unter den Einfluss der großen europäischen Kirchenreform, die unter anderem das Konkubinat von Priestern und das Verschachern geistlicher Ämter bekämpfte. Vor allem dem Eichstätter Bischof Gebhard II. war das verlotterte Stift, in dem die adeligen Kanoniker von den Klosterpfründen offenbar herrlich lebten, ein Dorn im Auge, weshalb er am Kloster wieder solides benediktinisches Leben ansiedeln wollte. Das scheiterte jedoch am heftigen Widerstand der Kanoniker, die gar nicht daran dachten, das Feld zu räumen. Darin wurden sie auch vom nachfolgenden Eichstätter Bischof Burkhard bestärkt, der keine Kirchenreform wollte. Erst 16 Jahre später, nachdem sich Kaiser Friedrich Barbarossa persönlich in den Streit eingemischt und den Eichstätter Bischof abgesetzt hatte (1153), verließen die Säkularkanoniker das Kloster. Unter ihrem neuen Abt Adelbert zog eine aus den Klöstern in Bamberg (Michelsberg), Banz und Kastl rekrutierte Gruppe von Reformbenediktinern in Heidenheim ein. Sie sorgten für eine strenge Umsetzung der Benediktsregel, so wie es damals in Hirsau vorgelebt wurde.

Baulich schlug sich die Heidenheimer Reform in dem eindrucksvollen romanischen Münster nieder. Es handelt sich um eine dreischiffige Pfeilerbasilika, die den strengen Vorgaben der Hirsauer Bauschule folgt. Die Architektur ist klar strukturiert, der Schmuck reduziert, was dem Raum innere Ruhe verschafft. Zu den baulichen Meisterwerken des Kirchinnenraums gehört neben dem romanischen Langhaus der eigentümliche kapellenartige Grabbau der hl. Walburga aus dem frühen 13. Jahrhundert. Außen wird die Westfassade durch die beiden massigen romanischen Türme aus dieser Zeit dominiert. 

Spätes Mittelalter, Reformation und Aufhebung des Klosters

Wie die Geschichte des abendländischen Mönchtums im Großen, so verlief auch die Heidenheimer Klostergeschichte in einem ständigen Wechselbad zwischen Reform und Verfall. Im Spätmittelalter wendete sich abermals das Blatt in Richtung geistlichem und wirtschaftlichem Niedergang. Beschwerden von Heidenheimer Bürger geben uns Hinweise darauf, dass insbesondere die Ideale von monastischer Keuschheit und persönlicher Armut der Mönche im 15. Jahrhundert weit hinter der Realität herhinkten. Gleichwohl wurden unter dieser Verfallstendenz noch neue Konventsgebäude samt dem prächtigen spätgotischen Kreuzgang gebaut. Als dann im Zuge der Reformation das klösterliche Leben als solches unter Generalverdacht gestellt wurde, scheint das Benediktinerhaus auch wirtschaftlich am Ende gewesen zu sein. Der Konvent drohte auseinanderzubrechen; Klostergüter wurden verramscht, sogar das Glöckchen über dem Schlafhaus. Der letzte Abt trat 1528 zurück, um seine frühere Geliebte zu heiraten. Es folgte einige turbulente Jahre unter einem vom Ansbacher Markgrafen eingesetzten und ebenfalls verheirateten Marionetten-Abt.

Mit dem Übertritt des Ansbacher Landesherrn zur Reformation wurde das Kloster zum Aussterbehaus; Besitz und Rechte wurden der markgräflichen Verwaltung direkt zugeschlagen. Als die bisherige Pfarrkirche Heidenheims 1551 einem Brand zum Opfer fiel – dies war auch das Todesjahr des letzten Mönchs –, wandelte der Margraf die bisherige Abteikirche in eine evangelische Pfarrkirche um. Die ehemaligen Klausurgebäude dienten bis etwa 1960 als Amtsräume und zuletzt Wohnzwecken.

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